Interview mit einer Trauerbegleiterin

Eva Terhorst ist Trauerbegleiterin und Trauerrednerin. Ich habe mit ihr ein interessantes Interview geführt zum Thema Tod und Sterben



Liebe Frau Terhorst, Sie sind Trauerbegleiterin bzw. Trauerrednerin. Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen? 

Als meine Mutter sich das Leben nahm war ich 15 Jahre alt. Mein Freund verstarb vor 11 Jahren an Krebs. Meine Erfahrung mit der Trauer war, dass Menschen, die selbst so eine Erfahrung nicht gemacht haben, auch wenn sie Therapeuten sind, nicht wirklich wissen um was es geht und somit oft nicht nur nicht hilfreich sind sondern leider, wenn auch gut gemeint, mit Ratschlägen und Bemerkungen tendenziell verletzend wirken. Andere wiederum ziehen sich zurück aus Angst vor dem Thema und davor, den Trauernden zu verletzen. Denn Trauernde sind dünnhäutig und verletzlich. So wird es zumindest wahr genommen. Es ist vielen zu kompliziert mit ihnen umzugehen. Dabei ist diese Dünnhäutigkeit auch ein Zeichen dafür, dass Trauernde sehr viel mehr mit ihren wahrhaftigen Gefühlen verbunden sind. Wenn wir das nicht gewohnt sind, braucht es einige Zeit, dies dann zu verstehen und damit selbst umzugehen. Das Umfeld ist dann natürlich um ein Vielfaches überforderter als der Betroffene selbst. Ich wünsche mir, dass uns das allen klar wird. Wenn jemand stirbt und auch sonst, sitzen wir alle im selben Boot und in ungewohnten und außergewöhnlichen Situationen kann es eben zu Überforderungen kommen. Das muss aber eigentlich nicht schlimm sein. Es ist meistens eine Chance zu wachsen. Nicht nur für den Betroffenen selbst sondern für das gesamte Umfeld. Diese Herausforderungen sind Gelegenheiten, die für mein Empfinden viel zu oft ignoriert oder ausgeschlagen werden.

 

Was genau beinhaltet Ihre Arbeit?

 

Viele Trauernde erleben über lange Zeiträume Gefühle, die sie bisher nicht gekannt haben und nicht einordnen können. Oft haben sie Angst, verrückt zu werden oder haben so eine große Sehnsucht nach dem Verstorbenen, dass sie ihm folgen möchten. An dieser Stelle kläre ich sie darüber auf, dass ihre Empfindungen normal sind und ich helfe ihnen, diese Zeit zu überstehen und manchmal auch sie zu überleben.

 

 

Durch Ihren Beruf werden Sie viel mit dem Thema Tod und Sterben konfrontiert. Wie gehen Sie damit um?

Auch für mich ist das immer noch eine theoretische Frage, denn ich hatte noch keine tödliche Krankheit oder war sonst ernsthaft vom Tode bedroht. Tod und Sterben gehören zum Leben dazu aber ich bin mir sicher, dass diese Themen zu den größten Herausforderungen gehören, die sich uns stellen.


 

Was sind die schönen Aspekte Ihres Berufs und wo sehen Sie Nachteile?

Aus eigener Erfahrung zu wissen, was ich sagen und tun kann, um jemandem den die Trauer überwältigt, wieder Mut und Hoffnung zu machen, dass es wieder eine Zeit geben wird, in der er wieder glücklich sein, sich wieder lebendig fühlen kann und am Leben teilhaben wird.

Nachteilig empfinde ich, dass sich viele einfach keine Hilfe in schweren Krisensituationen holen. Entweder denken sie, dass egal wie schlecht es ihnen geht, sie es nicht verdient oder sogar sie es nicht nötig haben, sich helfen zu lassen. Sich selbst Schwäche einzugestehen und sie auch noch jemandem anderen zu zeigen, sind große Hürden. Oft fehlt aber auch die Vorstellung, dass es jemanden gibt, der versteht, wie er sich fühlt und viel zu oft fehlt eben auch das nötige Kleingeld, sich eine professionelle Trauerbegleitung zu leisten, denn die Kosten werden (noch) nicht von den Krankenkassen übernommen.

 

Finden Sie, dass das Thema Sterben heute noch (zu sehr) tabuisiert wird?

 

Ja, aber das gilt nicht nur für das Sterben sondern auch um das Trauern, Krankheiten, Arbeitslosigkeit, Behinderungen, Mittellosigkeit, Depressionen, etc. Sobald wir nicht der Norm entsprechen, bei der ich mich immer wieder frage, wer die eigentlich festlegt, denn jedem von uns kann es einmal nicht so gut gehen und wir alle werden irgendwann sterben, haben wir schwer unter Ausgrenzung und Ignoranz, wenn nicht sogar mit offenen Angriffen zu leiden. Als ob die Belastung, der wir ausgesetzt sind, nicht schon schlimm genug ist. Statt dessen bräuchten wir eigentlich Wärme, Verständnis und Unterstützung..

 

Was kann man selber tun, um die Angst vorm Sterben etwas zu verlieren oder wenn nahestehende Personen betroffen sind?

Selbst zu sterben oder das Sterben einer nahestehenden Person zu begleiten sind für mich komplett unterschiedliche Dinge, auch wenn es in beiden Fällen ums Sterben geht. Solange man nicht wirklich ganz persönlich davon betroffen ist, am eigenen Lebensende zu stehen, kann man einfach nicht mitreden. Daher kann ich mir dazu keine Antwort erlauben. Ich denke aber, dass derjenige der gestorben ist, nach seinem Tod an einem Ort ist, an dem es ihm gut geht. Schwierig ist es für die, die zurück bleiben, damit fertig zu werden.

 

Schön fände ich, am Ende meines Lebens sagen zu können, dass ich viel geliebt habe und Vieles von dem ausprobieren und erfahren konnte und durfte, was ich mir gewünscht habe und mehr. Ich stelle mir vor, dass ich dann zufrieden in eine andere Welt wechseln kann. Ob das natürlich so ist, fragen Sie mich bitte, wenn es dann so weit ist.

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Vielen Dank, liebe Frau Terhorst!

Wer mehr über die Arbeit von Frau Terhorst wissen möchte, findet Informationen auf ihrer Webseite. Sie hat auch ein Buch geschrieben, dieses findet Ihr in der Rubrik Buchtipps

trauerbegleitung.org





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